Auf dem Scherbenhaufen

 

Wenn du das Erbe toxischer Führung antrittst

Übernimmst du eine Führungsrolle in einem Team oder einer Organisation, die unter einer langen Phase toxischer Führung gelitten hat? Die Auswirkungen einer solchen Führungskultur können tiefgreifend sein und sowohl die Moral als auch das Vertrauen der Mitarbeiter:innen stark beeinträchtigen. Es ist entscheidend, die Bedeutung von "toxisch" in diesem Zusammenhang zu verstehen und zu wissen, wie man effektiv dagegen vorgehen kann.

Zunächst einmal: Sei vorsichtig mit dem Begriff «toxisch». Führungskräfte dürfen und müssen mal Klartext reden und Probleme ansprechen, zum Beispiel wenn Fehler gemacht werden, Leistung oder Verhalten nicht den Erwartungen entsprechen. Solange der Ton angemessen ist und Raum für Lösungen geschaffen wird, handelt es sich nicht um toxische Führung, sondern um die Pflichten einer verantwortungsvollen Führungskraft. In solchen Situationen ist es normal, dass sich Mitarbeiter oder auch Führungskräfte einmal unwohl fühlen. Daher ist es wichtig, den Begriff „toxisch“ nicht leichtfertig zu verwenden.

Fünf zentrale Merkmale einer toxischen Führungskultur sind extremes Mikromanagement, Schuldzuweisungen und übermäßige Kritik, Favoritismus und Ungerechtigkeit, Angstkultur und Sexismus und Rassismus. Auf drei davon werde ich hier detaillierter eingehen:

1. Mikromanagement

Toxische Führungskräfte neigen dazu, ihre Mitarbeiter:innen durch ständige Überwachung und Kontrolle zu unterdrücken. Eigenverantwortung und kreatives Denken werden wenig gefördert, was das Vertrauen und die Motivation der Mitarbeiter:innen erheblich mindert.

Auswirkungen:

  • Verringerte Arbeitszufriedenheit und Motivation

  • Geringere Produktivität und Kreativität

  • Erhöhte Mitarbeiterfluktuation

Um dieses Problem zu überwinden, ist es wichtig, Vertrauen aufzubauen und deinen Mitarbeiter:innen mehr Autonomie zu gewähren. Ermutige sie, eigene Entscheidungen zu treffen und Verantwortung für ihre Aufgaben zu übernehmen. Dies stärkt ihr Selbstvertrauen und fördert ein kreatives Arbeitsumfeld.

2. Favoritismus und Ungerechtigkeit

Toxische Führungskräfte zeigen oft eine unfaire Behandlung, indem sie bestimmte Mitarbeiter:innen bevorzugen und andere benachteiligen. Diese Voreingenommenheit kann sich in Form von bevorzugten Projekten, Lob oder Beförderungen manifestieren.

Auswirkungen:

  • Zunahme von Konflikten und Spannungen im Team

  • Mangelnde Moral und Engagement bei benachteiligten Mitarbeiter:innen

  • Erosion des Teamzusammenhalts und der Zusammenarbeit

Transparenz und Fairness sind entscheidend, um diesem Problem entgegenzuwirken. Behandle alle Mitarbeiter:innen gleich und stelle sicher, dass Entscheidungen klar und nachvollziehbar sind. Fördere eine Kultur der Gleichberechtigung und Gerechtigkeit, in der jeder Mitarbeiter und jede Mitarbeiterin die gleichen Chancen auf Erfolg hat.

4. Angstkultur

Eine toxische Führung fördert oft eine Kultur der Angst, in der Mitarbeiter:innen ständig befürchten, bestraft oder entlassen zu werden. Entscheidungen werden aus Furcht getroffen, statt auf Basis von Vertrauen und Kooperation.

Auswirkungen:

  • Verminderte Innovationsbereitschaft und Kreativität

  • Erhöhte Stresslevel und Burnout-Risiko

  • Geringe Loyalität und Engagement der Mitarbeiter:innen

Um eine Angstkultur zu durchbrechen, ist es wichtig, ein sicheres und unterstützendes Umfeld zu schaffen. Fördere eine offene Kommunikation und ermutige dein Team, Risiken einzugehen und neue Ideen zu entwickeln, ohne Angst vor Bestrafung zu haben.

Wie man in letzter Zeit in den Medien über konkrete Beispiele von toxischem Verhalten in Organisationen nachlesen konnte (Basler Polizei, ERZ Stadt Zürich), kann toxische Leadership und auch toxisches Teamverhalten noch viel weitergehen, bis hin zu strafrechtlich relevantem Verhalten. Dazu gehören unter anderem:

  • Bewusstes und wiederholtes Verletzen arbeitsrechtlicher Vorgaben, zum Beispiel im Gesundheitsschutz, Verletzung der Fürsorgepflicht

  • Dulden oder Vorleben von diskriminierendem Verhalten und Übergriffen

  • Unrechtmäßige Kündigungen

  • Unrechtmäßiges Nutzen von Unternehmensressourcen zum eigenen Vorteil

Solltest du als Führungskraft neu ein Team oder eine ganze Organisation übernehmen, in denen entsprechende Verhältnisse herrschten, dann musst du dir zunächst einmal gut überlegen, ob du das wirklich tun solltest und ein paar Vorabklärungen tätigen und auch entsprechende Bedingungen stellen. Hier ein paar wichtige Hinweise und Verhaltensempfehlungen:

1.       Du musst und darfst es nicht alleine tun.

  • Versichere dich der vollkommenen Rückendeckung durch deine eigene Führung.

  • Arbeite mit internen Fachstellen wie HR oder Rechtsdienst, sofern sie nicht Teil des Problems sind.

  • Sorge von Anfang an, dass du Allierte in deinem eigenen Team hast, zum Beispiel Mitarbeitende, die du mitbringst oder neu anstellen darfst.

  • Besorge dir externe Begleitung, aber nur, wenn du intern alles hast, was du brauchst. Berater:innen sind hier kein Ersatz!

2.       Sei immer und überall präsent und stelle Fragen über Fragen.

  • Besorge dir Informationen aus erster Hand: Schaue dir alle Arbeiten der Teams genau in der Realität an, gehe persönich mit (auf Station, zum Kunden, auf die Baustelle...).

  • Stelle Fragen auf jeder Führungsebene, frage nach bis du es verstanden hast, notiere, aber kommentiere vorerst nicht.

  • Spricht eine schlecht über den anderen: Hole sie gemeinsam an deinen Tisch. Hintenherum reden gilt nicht mehr.

3. Kommuniziere deine Werte glaskar

  • Stimme deine Werte mit deinen eigenen Führungs-verantwortlichen ab, aber führe mit DEINEN Werten.

  • Kommuniziere deine Werte mündlich und persönlich.

  • Formuliere klar, welche Verhaltensweisen ab sofort nicht mehr geduldet werden.

  • Sprich ungutes Verhalten direkt an und fordere das auch von deinen unterstellten Führungspersonen ein. Eine Kultur ändert sich nicht von heute auf morgen.

4. Gehe schweres toxisches und rechtswidriges Verhalten umgehend an:

  • Fordere ein: Personen mit nachweislich gröbstem Fehlverhalten sollten bereits bei deinem Stellenantritt nicht mehr beschäftigt sein oder zumindest ihre bisherige Funktion nicht mehr ausführen.

  • Gehe schweres toxisches Verhalten, das erst nach deiner Funktionsübernahme sichtbar wird, umgehend an.

Achtung: Tappe nicht selbst in die Falle:

  • All das gilt für eine Übergangsphase.

  • Pass auf, dass du längerfristig selber nicht zur Mikromanagerin wirst. Gib langsam wieder Leine.

  • Hol dir immer Hilfe, wenn du sie brauchst. Du musst kein Held oder keine Heldin sein.

  • Vor allem für Frauen: Du musst nicht jedes Detail bereinigen, lass dir Zeit für weniger Wichtiges.

Fazit

Die Übernahme einer Führungsrolle nach einer Phase toxischer Führung stellt eine große Herausforderung dar, bietet aber auch die Chance, eine positive und produktive Arbeitsumgebung zu schaffen. Indem du die oben beschriebenen toxischen Merkmale erkennst und aktiv dagegen vorgehst, kannst du das Vertrauen deines Teams wiederherstellen und eine Kultur des Respekts und der Zusammenarbeit fördern.

 

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