Hey Bystander!

 

Viele gut gemeinte betriebsinterne Kurse, in denen Konzepte zur Verhinderung von Mobbing oder sexueller Belästigung vorgestellt werden, sind gemäss einer neueren Studie leider wenig wirkungsvoll. Manchmal lösen sie sogar einen Backlash aus: Man macht sich darüber lustig, «kann es langsam nicht mehr hören», oder geht gleich zum Gegenangriff über. Von den Studienautor:innen werden hingegen so genannte Bystander-Trainings als wirksame Intervention gegen Diskriminierung und Belästigung empfohlen. In diesen Trainings werden die Mitarbeitenden darin geschult, wie sie sich konkret für Opfer stark machen können.
Die meisten Menschen wollen nämlich nicht dauerverdächtig sein, sondern sich auf die “gute Seite” schlagen.

Ja, Bystander-Training kann definitiv dazu beitragen, eine konstruktive Unternehmenskultur zu fördern. Mit Bystander-Training sind Kurse gemeint, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter darin schulen, in Situationen einzuschreiten, in denen sie am Arbeitsplatz Zeuge von unangemessenem Verhalten oder Konflikten werden. Einige Techniken lassen sich auch auf Situationen im öffentlichen Raum übertragen.

Indem Mitarbeiter:innen lernen, als «Bystander» aktiv zu werden, können sie dazu beitragen, unangemessenes Verhalten zu erkennen, zu unterbrechen und zu adressieren. Solche Situationen können sogenannte «Mikroagressionen» wie wiederholtes Unterbrechen, zu viel Raum auf Kosten einer Kollegin oder eines Kollegen einnehmen, herablassende Sprüche oder das Auffordern zu genderstereotypem Verhalten sein: «Du solltest mehr lächeln». (Siehe dazu auch meinen Blogpost über Mansplainer). Es geht aber noch viel schlimmer, wenn es zu ernsthaften Übergriffen wie beispielsweise Mobbing, sexueller Belästigung oder anderem diskriminierendem Verhalten wie Rassismus kommt. Indem Bystander eingreifen, wird die Verantwortung für das Schaffen einer positiven Arbeitsumgebung auf mehrere Schultern verteilt und nicht nur auf die direkten Beteiligten beschränkt.

Bystander-Training vermittelt den Mitarbeiter:innen die notwendigen Fähigkeiten, um in solchen Situationen effektiv und konstruktiv zu handeln. Es werden geeignete Interventionstechniken vermittelt und eingeübt, wie beispielsweise das Ansprechen der übergriffigen Person, das Schützen der angegriffenen Person in der konkreten Situation, aber auch auf den ersten Blick etwas merkwürdig anmutende Aktionen wie Ablenken oder paradoxe Interventionen. Auch Sichtbarmachen und Dokumentieren von Übergriffen gehören dazu (siehe dazu auch Anne Litwin zu Karriereagressionen).

Durch das Angebot eines solchen Trainings und die Schaffung eines Klimas, in dem Bystander ermutigt werden Verantwortung zu übernehmen, können Unternehmen eine Kultur des Respekts, der Zusammenarbeit und der Offenheit fördern. Mitarbeiter:innen fühlen sich dadurch unterstützt und ermächtigt, unangemessenes Verhalten zu stoppen, und tragen aktiv dazu bei, ein positives Arbeitsumfeld zu schaffen.

Und dies alles lohnt sich zudem für die Organisation: Eine konstruktive Unternehmenskultur, in der unethisches Verhalten nicht toleriert wird und Werte wie Respekt, Gleichberechtigung und Zusammenarbeit gefördert werden, kann zu einer verbesserten Mitarbeiterzufriedenheit, einem höheren Engagement, einer besseren Teamarbeit und letztendlich zu einem höheren Unternehmenserfolg führen.

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