Wir brauchen Role Models - Rita Adam, Botschafterin
Ich habe Rita Adam vor mehreren Jahren im Rahmen eines Führungsworkshops des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) kennengelernt. Sie war damals Botschafterin in Tunis, kurz darauf Botschafterin in Rom und amtet heute als Botschafterin der Mission der Schweiz bei der Europäischen Union. Mich fasziniert an Rita Adam, wie sie ihr hochkompetentes Team mit so viel Vertrauen und Delegation führt, obwohl Auftrag und Rahmen mehr als klar definiert und kaum verhandelbar sind.
Liebe Frau Adam. Sie leiten seit Juli 2021 die Mission der Schweiz bei der EU in Brüssel. Was an der Führung gefällt Ihnen?
Die meisten der in den verschiedenen EU-Institutionen behandelten Fragen haben mehr oder weniger direkte Auswirkungen auf die Schweiz. Dementsprechend haben alle 7 Departemente entsprechende Spezialistinnen und Spezialisten an die Mission detachiert. So verfügen wir vor Ort in Brüssel über ein enormes Fachwissen "inhouse", wobei die Verbindung der Detachierten zu ihren Fachämtern während des Einsatzes in Brüssel naturgemäss eng bleibt. Ich finde es spannend, ein derart diverses Team zu leiten und dafür zu sorgen, dass wir in enger Zusammenarbeit mit Bern die Schweizer Interessen in vielen verschiedenen Fachgebieten möglichst kohärent und effizient vertreten. Eine transparente Kommunikation, die Vertrauen schafft, ist nach meiner Erfahrung ein Schlüsselfaktor für den Erfolg.
Wann brauchen Sie in der Führung besonders viel Mut? Und was hilft Ihnen dabei?
Ich würde weniger von Mut als vom Umgang mit Verantwortung sprechen. In meiner Arbeit als offizielle Vertreterin der Schweiz bei der EU begleite ich regelmässig Verhandlungen und Kontakte, bei denen es um vitale Interessen unseres Landes geht. Die Verantwortung, die sich daraus ergibt, ist mir jeden Tag bewusst. Entscheidend ist für mich das Zusammenspiel mit und das Vertrauen in meinem Team. Ich weiss, dass ich auf meine engagierten und kompetenten Mitarbeitenden zählen kann. Zudem verfüge ich aus meinen bald 25 Jahren als Diplomatin über reiche Erfahrungen im Umgang mit kniffligen Situationen.
Ein EDA-Auslandseinsatz dauert normalerweise 4 Jahre. Was möchten Sie für sich und ihr Team in den verbleibenden nächsten zwei Jahren erreichen?
Unser wichtigstes Dossier ist die Stabilisierung und Weiterentwicklung des bilateralen Wegs Schweiz/EU. Im Moment arbeiten wir sowohl mit der EU als auch innenpolitisch intensiv darauf hin, bald Verhandlungen mit Brüssel aufnehmen zu können. Ein Einstieg in Verhandlungen wird vom Bundesrat nach Konsultation der aussenpolitischen Kommissionen des Parlamentes und der Kantone entschieden werden.
Wann sind Sie in Ihrer Führungsarbeit richtig glücklich?
Wenn das interne Zusammenspiel optimal funktioniert und wir das vorhandene Fachwissen und die Erfahrung so abrufen können, dass wir unsere Ziele bei der Vertretung der Schweizer Interessen bestmöglich erreichen. Anders gesagt: Wenn wir uns als Team die Pässe so zuspielen, dass der Ball möglichst oft im Tor landet.
Welcher Führungsgrundsatz ist Ihnen besonders wichtig?
"Vertrauen schenken und den Mitarbeitenden Raum geben, um Lösungsansätze zu entwickeln."
In einem gut aufgestellten Team ist sehr viel Wissen vorhanden. Es ist für mich zentral, die Einschätzungen und die – möglicherweise auch kontradiktorischen – Empfehlungen meiner Mitarbeitenden zu hören, ehe ich einen wichtigen Entscheid fälle. Gleichzeitig brauche ich nicht alle Prozesse und Dossiers im Detail zu kennen. Das verschafft mir den Raum und die Zeit, um mich auf die strategische Ebene und übergeordnete Fragen konzentrieren zu können.
Was erwarten Sie von Ihren Mitarbeitenden und was dürfen Ihre Mitarbeitenden jederzeit von Ihnen erwarten?
Ich erwarte von meinen Mitarbeitenden, dass sie jeden Tag versuchen, ihr Bestes zu geben im Bewusstsein darum, was für einen vielfältigen und spannenden Beruf wir ausüben. Im Gegenzug können die Mitarbeitenden darauf zählen, dass meine Tür jederzeit offen ist für ihre Fragen, kritischen Anregungen und Anliegen.
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